Dr. François Fourel ist Forschungsingenieur am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) der Universität Claude Bernard Lyon 1 in Lyon und leitet das Labor der Ökologie natürlicher und anthropogener Hydrosysteme, eine Einrichtung für Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie. Im Blog-Artikel "Mahlzeit, Mumie!" erfuhren wir, was Isotope über die Ernährung der Alten Ägypter aussagen können und was diese Einblicke in ihre Ernährung über Wirtschaft, Handel und Reichtum ihrer Zeit verraten.
Dr. François Fourel untersuchte die stabilen Isotopenverhältnisse von jahrhundertealten Mumien, um diese Fragen zu beantworten. In diesem Interview wollten wir von ihm wissen: Wieso Mumien? Und warum ist es so interessant, was die Alten Ägypter gegessen haben?
Dr. Fourel, würden Sie die Alten Ägypter als Feinschmecker bezeichnen?
Das ist eine schwierige Frage. Man muss natürlich erstmal definieren, was ein Feinschmecker ist. Die von uns untersuchten Völker lebten zwischen 5000 und 1300 Jahren vor Christus – und hatten damit ganz andere kulinarische Gewohnheiten als wir heute.
Sie haben ägyptische Mumien auf ihre Essgewohnheiten untersucht. Wie sind Sie zu diesem Forschungsgebiet gekommen?
Die ursprüngliche Aufgabe dieser Studie bestand nicht darin, die Essgewohnheiten zu untersuchen, sondern Mumien als Proxy, also als indirekter Anzeiger des Klimas, zu untersuchen und damit Klimaschwankungen im Alten Ägypten zu betrachten. Während der Probenahme im Museum wurde uns durch Gespräche mit den dortigen Mitarbeitenden klar, dass wir auch Zugang zu den Ernährungsgewohnheiten bekommen können.
Mit jeder Probe, die man von einer Mumie nimmt, gehen ein Stück Geschichte und ein Teil der Mumie verloren.
Welche Methode und Geräte haben Sie zur Untersuchung der Mumienproben verwendet?
Zunächst habe ich Karbonatanalysen mit einem MultiPrep-System mit zwei Inlets durchgeführt. Anschließend Elementaranalysen im Verbrennungs- und Pyrolysemodus mit einem vario PYRO cube®. Alle Techniken liefern unterschiedliche Antworten und sind wertvoll für die Beantwortung wissenschaftlicher Fragen. Die Advanced Purge and Trap-Technologie unseres vario PYRO cube® war vor allem für die δ34S-Analysen von Proben mit relativ hohen C/S-Verhältnissen von größter Bedeutung.
Das Labor der Universität Claude Bernard Lyon 1 verfügt über mehrere Isotopenverhältnis-Massenspektrometer (IRMS). Die Einrichtung verfügt über zwei Geräte mit vario PYRO cube® Elementaranalysatoren für Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (EA-IRMS) und ein Dual Inlet MultiPrep System.
Was konnten Sie bei der Untersuchung der Mumien über ihre Ernährungsgewohnheiten herausfinden? Für wen und warum sind diese Informationen relevant?
Die Alten Ägypter ernährten sich hauptsächlich von Nahrungsmitteln, die rund um den Nil angebaut wurden. Mit Hilfe von Kohlenstoff-Isotopen konnten wir bestätigen, dass die von uns untersuchten Individuen C3-Pflanzen verzehrten, obwohl ihre Umwelt eher C4-Pflanzen bevorzugte. C3 und C4 beschreiben unterschiedliche Wege der Photosynthese, also des Stoffwechsels der jeweiligen Pflanzen. Das ist ein wichtiger Parameter für Archäologen, die landwirtschaftliche Praktiken untersuchen. Wir haben auch die Art der Ernährung eingrenzen können, wie beispielsweise den Anteil tierischer Proteine. Die wichtigsten Eiweißlieferanten waren große Säugetiere wie Kühe, Ziegen und Schafe und nur selten Fische und Vögel. Die Ernährung könnte etwa 50 % tierisches Eiweiß enthalten haben – weniger als bei den meisten modernen omnivoren Europäern. Hier sind es 64 %.
Das ist für Ägyptologen von Interesse, die die Ernährungsgewohnheiten dieser Bevölkerungsgruppen entschlüsseln möchten. Natürlich müssen wir bedenken, dass die von uns untersuchten Proben von Individuen aus der ägyptischen Oberschicht stammen. Das bedeutet, dass sie möglicherweise nicht die Lebensgewohnheiten der Durchschnittsbevölkerung widerspiegeln. Diese Menschen hätten im Alltag wahrscheinlich viel mehr Fisch gegessen, aber wir haben keine Proben, mit denen wir das überprüfen könnten.
Die Studie lief über einen Zeitraum von vier Jahren. Wie lange arbeiten Sie selbst schon als Forscher?
Seit 18 Jahren bin ich in einer akademischen Position. Davor war ich 15 Jahre lang in der Industrie in der Forschung und Entwicklung tätig. Ich habe sogar selbst eine Zeit lang Massenspektrometer in Manchester gebaut.
Waren Paläontologie und Archäologie schon Ihre Kindheitsträume?
Das nicht, nein. Aber Wissenschaft ja. Der Versuch zu verstehen, wie die Welt um uns herum funktioniert oder manchmal auch nicht funktioniert – das hat mich immer schon interessiert. Geologie, Geochemie und Paläontologie kamen später hinzu.
Eine kleine Science-Fiction-Frage: Wird man unsere Überreste in 1000 Jahren auch mit der Isotopenanalyse untersuchen?
Ob das mittels Isotopenanalyse geschehen wird, ist schwer zu sagen. Aber sicherlich werden Techniken, die auf der Teilchenphysik basieren, auf die ein oder andere Weise beteiligt sein.
Erfahren Sie mehr
Wenn Sie mehr über die Forschung von Dr. François Fourel's erfahren möchten, lesen Sie die Publikation “Diet of ancient Egyptians inferred from stable isotope systematics" die in der Zeitschrift Journal of Archaeological Science veröffentlicht wurde.
Erfahren Sie mehr über Dr. François Fourel's Arbeit als Forschungsingenieur am CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique) und Leiter einer Einrichtung für stabile Isotopenmassenspektrometrie an der Universität Claude Bernard Lyon1in unserem Customer Spotlight.
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